Oldenburg/Elsfleth. Seine Position als bedeutender Wirtschaftsfaktor hat der Oldenburger Hafen erneut bestätigt: Im Jahr 2023 wurden insgesamt 1.134.522 Tonnen, vor allem Agrargüter sowie Baustoffe, umgeschlagen. Dies entspricht einer Steigerung von 5,86 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der erfreuliche Wachstumskurs droht aktuell allerdings ausgebremst zu werden: Grund ist die Havarie eines Binnenschiffes, das in der Nacht zum 25. Februar mit einer Eisenbahnbrücke, die in Elsfleth über die Hunte führt, kollidiert war. Seitdem ist die Erreichbarkeit des Oldenburger Hafens beeinträchtigt.
Oberbürgermeister drängt auf Lösung
Oberbürgermeister Jürgen Krogmann drängt gemeinsam mit der Oldenburger Hafenwirtschaft auf eine schnellstmögliche Wiederherstellung des ungehinderten Zugangs zum Oldenburger Hafen. Der von der Bahn ins Auge gefasste Einbau einer festen Ersatzbrücke, die sich nicht für den Schiffsverkehr öffnen lässt und über mehrere Jahre Bestand haben würde, sei keine Option für den Hafen- und Wirtschaftsstandort Oldenburg, betont Krogmann. „Der Fokus muss umgehend auf einen schnellen Neubau der Brücke gelegt werden, um die Übergangszeit und damit die Einschränkungen auf der Wasserstraße als umweltfreundliche Verkehrsinfrastruktur so kurz wie möglich zu halten. Hier sehe ich Bund und Land in der Pflicht, diesem Infrastrukturprojekt die notwendige Priorität zu geben“, fordert Oldenburgs Oberbürgermeister.
Feste Behelfsbrücke bremst Schifffahrt aus
Sobald die von der Bahn geplante feste Behelfsbrücke installiert ist, werden Seeschiffe die Brücke nicht mehr passieren und damit Oldenburg nicht anfahren können. Auch für die täglich auf der Hunte nach oder von Oldenburg fahrenden Binnenschiffe werden sich teils erhebliche Einschränkungen ergeben. Je nach Abladetiefe ist eine Weiterfahrt nur noch bei niedrigen Wasserständen möglich, es muss vor der Brücke auf die passende Durchfahrtshöhe gewartet werden. Aufgrund der Tidefenster und dem bestehenden Nachtfahrverbot kann dies unter Umständen bis zum nächsten Tag andauern.
Hoher wirtschaftlicher Schaden
„Für die Betriebe der Oldenburger Hafenwirtschaftsgemeinschaft ist dieses Szenario eine große Herausforderung. Gerade das 2021 fertiggestellte neue Wendebecken hat die Konkurrenzfähigkeit des Oldenburger Hafens und die Attraktivität für Seeschiffe gestärkt. Jetzt fühlt es sich so an, als ob uns nach einem Traumstart bei einem 100-Meter-Sprint in vollem Lauf etwas zwischen die Beine geworfen wird“, sagt Nico Steudel, Geschäftsführer der Oldenburger Unternehmensgruppe Rhein-Umschlag und Vorsitzender der Oldenburger Hafenwirtschaftsgemeinschaft. Die drohenden Folgen sind immens: Die Hafenwirtschaft schätzt den Schaden bei einem mehrjährigen Zeitraum auf eine zweistellige Millionenhöhe.
Zwar werden Binnenschiffe bei einer provisorischen Übergangslösung den Oldenburger Hafen weiterhin erreichen können – allerdings mit Verzögerungen. Es wird auch zu Verlagerungen von Baustoffmengen auf die Straßen Oldenburgs und der umliegenden Landkreise kommen, da die Kiesschiffe von der Mittelweser, anders als jetzt, nicht mehr so durchgetaktet fahren können“, erwartet Steudel.
Mehraufwand und zusätzliche Kosten
Die Bedeutung des Hafens für produzierende Unternehmen, die Rohstoffe und Produkte per Schiff erhalten und versenden, betont Karsten Schulte. Der Geschäftsführer der AGRAVIS Kraftfutterwerk Oldenburg GmbH erläutert: „Zur Produktion von Mischfutter muss die kontinuierliche Versorgung des Werkes mit Rohwaren sichergestellt sein. Gerade der Trend zur Versorgung mit Seeschiffen hat es uns ermöglicht, größere Verbrauchszeiträume abzudecken. In Kombination mit Binnenschiffen ist so ein guter Mix aus größeren und kleineren Partien entstanden. Aufgrund der massiven Auswirkungen sind neben einem Mehraufwand auch zusätzliche Kosten zu erwarten.“
Die Umschlagszahlen 2023 im Detail
Der Schiffsumschlag lag 2023 im kombinierten See- und Binnenverkehr bei 805.307 Tonnen, insgesamt liefen dafür 73 Seeschiffe und 584 Binnenschiffe den Oldenburger Hafen an. Gegenüber dem Vorjahresergebnis (2022: 796.212 Tonnen) ist der Seegüter- und Binnenumschlag um 9.095 Tonnen gestiegen.
Im Einzelnen wurden 445.924 Tonnen Erzeugnisse aus der Land- und Forstwirtschaft, 309.638 Tonnen Baustoffe, 39.645 Tonnen Düngemittel und 10.100 Tonnen sonstige Güter per Schiff in Oldenburg verladen.
Der Bahnverkehr konnte im Vergleich zum Vorjahr erneut deutlich gesteigert werden. 151 Züge mit 5.050 eingesetzten Waggons und einem Gesamtgüterumschlag von 329.215 Tonnen (2022: 275.477 Tonnen) zeigen die Bedeutung der Gleisinfrastruktur im Oldenburger Hafen. Hierbei handelt es sich mit 215.505 Tonnen hauptsächlich um Baustoffe. Daneben entfallen 94.496 Tonnen auf Futtermittel und 19.214 Tonnen auf Dünger.
„Der Oldenburger Hafen liegt im Zentrum der Weser-Ems-Region, verfügt über leistungsfähige Umschlagseinrichtungen sowie Lagerkapazitäten und bietet kurze, logistische Wege zur regionalen Wirtschaft. Diese Faktoren gilt es – im Sinne der Oldenburger Hafenwirtschaft – bei der Wiederherstellung der Brücke besonders zu berücksichtigen“, sagt Ralph Wilken, Leiter der Wirtschaftsförderung.