Nicole Piechotta traf Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (rechts) in Berlin. In der Mitte ist Michael Bergrab, Bürgermeister der Gemeinde Lisberg, zu sehen. (Foto: privat)
Oldenburg. Auf Einladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der Körber-Stiftung ist Nicole Piechotta, Bürgermeisterin der Stadt Oldenburg, am Donnerstag, 11. April, für zwei Tage nach Berlin gereist. Gemeinsam mit 80 weiteren ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern aus ganz Deutschland nahm sie an der Veranstaltung „Demokratie beginnt vor Ort“ teil. Das Treffen stellt das ehrenamtliche Engagement in den Mittelpunkt und würdigt den Einsatz der Kommunalpolitikerinnen und -politiker für die Demokratie.
„Das ist eine Einladung, die man nicht alle Tage bekommt. Es ist für mich eine Wahnsinns-Ehre, vom Bundespräsidenten eingeladen zu werden – und eine Wertschätzung, die für die weitere Arbeit in der Kommunalpolitik beflügelt“, so die 37-Jährige. Besonders wertvoll war für Piechotta der Austausch mit anderen ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern aus der Republik. Ein Fokus bei dem Treffen lag unter anderem auf den Anfeindungen, denen sich auch Kommunalpolitiker immer häufiger ausgesetzt sehen. Laut Umfrage der Körber-Stiftung haben bereits rund 40 Prozent der befragten ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in ihrem Amt Erfahrung mit Hass und Gewalt gemacht. Dazu stellte Piechotta fest: „Der Ton wird deutlich rauer. Gerade Bürgermeisterinnen und Bürgermeister werden manchmal als Ventil benutzt, wenn Bürgerinnen und Bürger mit bundespolitischen Entscheidungen unzufrieden sind.“ Angetan war Piechotta vom Vortrag von Elke Büdenbender, der Ehefrau von Frank-Walter Steinmeier, der sich mit Frauenpower in der Politik befasste: „Was mich tatsächlich beschäftigt, ist die Frage: Wie kann Kommunalpolitik weiblicher sein? Ich finde es wichtig, dass sich mehr junge Frauen politisch engagieren – und so ein Vorbild für andere Frauen werden.“
Über das Treffen im Schloss Bellevue
Am 10. April hatten die Amtsträgerinnen und Amtsträger bei einem Netzwerktreffen die Gelegenheit, sich zu Themen wie beispielsweise Vereinbarkeit mit Hauptberuf und Familie, den zeitlichen Belastungen oder Anfeindungen auszutauschen und voneinander zu lernen. Am 11. April empfing Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker im Schloss Bellevue. Dort wurden auch die Ergebnisse einer repräsentativen Forsa-Umfrage unter ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern im Auftrag der Körber-Stiftung präsentiert. Die Ergebnisse beleuchten u.a. die Rahmenbedingungen des Ehrenamts, die wahrgenommene gesellschaftliche und politische Stimmung in den Kommunen sowie die Erfahrungen der Amtsträgerinnen und -träger mit Bedrohungen und Gewalt im Kontext ihrer eigenen Arbeit.
Von den etwa 11.000 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in Deutschland üben knapp 60 Prozent ihr Amt im Ehrenamt aus. Sie stehen für lokale Demokratiegestaltung und sichern den gesellschaftlichen Zusammenhalt vor Ort. Menschen für das Amt zu begeistern und Nachwuchskandidaten zu finden, stellt sich jedoch zunehmend als herausfordernd dar. Zeitliche Belastungen, die Vereinbarkeit mit Hauptberuf und Familie, Anfeindungen und die Finanzknappheit in den Gemeinden sind nur einige Faktoren, die die Attraktivität des Amtes mindern.