Karlsruhe. Das Bundeskartellamt hat heute den Erwerb von Vermögensgegenständen der insolventen Weltbild GmbH & Co. KG durch die Thalia Bücher GmbH freigegeben.
Die Thalia-Gruppe ist das mit Abstand größte stationäre Buchhandelsunternehmen in Deutschland. Sie übernimmt die Kundinnen- und Kundenbeziehungen aus dem Weltbild Onlineshop und den von Weltbild verkauften E-Readern der Marke Tolino sowie die Weltbild-Marken und Domains. Nicht übernommen werden die Ladengeschäfte.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Thalia verfügt über eine bedeutende Marktposition im Buchhandel und ist über die Plattform Tolino auch eine relevante Kraft bei E-Books. Daher haben wir uns den Erwerb der Kundinnen- und Kundendaten und der Marken von Weltbild genau angesehen. Wir konnten den Zusammenschluss aber letztendlich noch in der ersten Phase freigeben. Neben der Tatsache, dass die Ladengeschäfte von Weltbild nicht Gegenstand des Zusammenschlusses waren, war für die Freigabe unter anderem maßgeblich, dass mit Amazon ein deutlich größerer Wettbewerber sowohl beim Onlinehandel mit gedruckten Büchern als auch im Bereich E-Books existiert.“
Auch bei Betrachtung eines etwaigen Gesamtmarkts für den stationären und den Onlineabsatz von Büchern stehen den Kundinnen und Kunden mit den unabhängigen Buchhändlern, anderen Buchhandelsketten wie Hugendubel und dem Onlinehandel ausreichend Alternativen zur Verfügung. Die Ladengeschäfte von Weltbild waren nicht Gegenstand des Zusammenschlusses. Diese wurden im Zuge der Insolvenz des Unternehmens bereits geschlossen.
Zusätzlich hat das Bundeskartellamt berücksichtigt, dass mit dem Zugriff auf die Kundinnen- und Kundenbeziehungen aus dem Weltbild-Onlineshop lediglich die Aussicht auf die Übernahme eines Teils des verbliebenen Wettbewerbspotentials von Weltbild verbunden ist. Viele Kundinnen und Kunden dürften indes unabhängig vom angemeldeten Zusammenschlussvorhaben seit Bekanntwerden der Weltbild-Insolvenz im Juni 2024 oder spätestens seit Einstellung des Geschäfts Ende August 2024 bei anderen Buchhandelsunternehmen gekauft haben.
Im Bereich der Beschaffung gedruckter Bücher verfügt Thalia allerdings bereits über erhebliche Nachfragemacht gegenüber den Verlagen und dem Großhandel. Thalia unterscheidet sich hier von Amazon als wichtigstem Wettbewerber insbesondere durch die bundesweit, oft in Innenstadtlagen vorhandenen Ladengeschäfte. Thalia hat damit einen anderen Zugang zu Endkundinnen und -kunden als Amazon, der bspw. für die Bewerbung neuer Bücher bei ihrer Markeinführung von besonderer Bedeutung sein kann und erheblichen Einfluss auf die Verhandlungsposition von Thalia gegenüber Verlagen und Barsortimentern haben kann. Allerdings war der durch den Erwerb der Weltbild-Assets mögliche Zugewinn an Beschaffungsvolumen nach den durchgeführten Ermittlungen letztlich sehr gering.
Daneben hat sich das Bundeskartellamt näher mit der Wettbewerbssituation beim Absatz von E-Books befasst. Auch hier war zu berücksichtigen, dass beim Vertrieb von E-Books in Deutschland insgesamt Amazon den ganz überwiegenden Teil des gesamten Absatzvolumens auf sich vereint. Höhere Marktanteile der Zusammenschlussbeteiligten ergäben sich nur bei einer separaten Betrachtung der Plattform Tolino: Diese ist zwar als offenes System konzipiert; die von Amazon für den Kindle angebotenen Bücher stehen für den Tolino aber wegen der Nutzung eines proprietären Kindle-Formats nicht zur Verfügung. Letztlich haben sich hieraus jedoch keine durchgreifenden wettbewerblichen Bedenken ergeben. So können E-Books aller Anbieter über entsprechende Apps etwa auf Tablets und Smartphones gelesen werden, wovon auch ein erheblicher Teil der Leserinnen und Leser Gebrauch macht. Zusätzlich gibt es E-Reader dritter Anbieter, die die Installation von Apps und damit die systemunabhängige Lektüre von E-Books erlauben. Hinzu kommt, dass die Absatzpreise von E-Books der Buchpreisbindung unterliegen und die an der Tolino-Allianz beteiligten Unternehmen eine weitgehend identische Hard- und Software anbieten. Soweit bei den noch vorhandenen Wettbewerbsparametern – etwa der Sortimentsbreite und -tiefe – erhebliche Verschlechterungen des Qualitätsniveaus einträten, hätten die Endnutzerinnen und -nutzer jedenfalls die Möglichkeit eines Wechsels des E-Readers.
Im Ergebnis konnte der geplante Zusammenschluss daher im Vorprüfverfahren freigegeben werden.
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