Müller von Siel, Waldsee. (Foto: pr)
Wehnen. Die Gedenkstätte Wehnen hat ein besonderes Geschenk erhalten: eine Radierung des Oldenburger Kunstmalers Müller vom Siel, der als Maler und Radierer norddeutscher Landschaften hohes Ansehen genießt. Der Druck, der nun der Gedenkstätte übergeben wurde, trägt die Originalunterschrift des Künstlers, aber keinen Titel. Die Vorlage ist jedoch bekannt unter dem Namen „Waldsee“ und stammt von 1908. Sie wurde von einem Spender zur Verfügung gestellt, der nicht genannt werden möchte.
Georg Müller vom Siel wurde 1865 in Großensiel geboren und wuchs als jüngstes von zwölf Kindern auf. Nach dem frühen Tod seiner Eltern wanderte er mit 15 Jahren nach New York aus, wo er eine Mal- und Zeichenschule besuchte. Es folgten Wanderjahre durch Europa mit Studien in München, Berlin, Antwerpen und Paris. In der französischen Hauptstadt kopierte er Meisterwerke im Louvre für den Oldenburger Großherzog Peter II. und studierte an der École des Beaux-Arts. 1896 ließ er sich in Dötlingen nieder, wo er die „Villa Meineck“ baute und eine private Malschule gründete. Er machte den Ort zum Zentrum einer Künstlerkolonie und wurde vor allem für seine stimmungsvollen Landschaftsbilder bekannt.
Ab 1909 verschlechterte sich sein psychischer Zustand, und Müller vom Siel wurde in die Heilanstalt Wehnen eingewiesen. „Das Leben brach in zwei Teile auseinander. Dreiundvierzig Jahre konnte er reisen, studieren, Erfolge feiern; die nächsten dreißig Jahre sollte er nun in einer geschlossenen Anstalt verbringen“, so beschreibt es ein Artikel in der FAZ von Julia Voss (26.7.2014). Dort malte er weiterhin, wobei seine Werke zunehmend abstrakter wurden.
Müller vom Siel konnte nicht mehr in sein erstes Leben zurückkehren und starb am 13. Januar 1939 in Wehnen – kurz bevor Hitler den Befehl zum NS-„Euthanasie“-Programm, dem systematischen Mord an psychisch kranken und als „lebensunwert“ eingestuften Menschen, erteilte. Die Versorgungslage in der Heil- und Pflegeanstalt Wehnen hatte sich bereits in den Jahren davor drastisch verschlechtert. Viele Insassen starben infolge von Vernachlässigung, Hunger oder gezielten Medikamentengaben. Müller vom Siels Schicksal im Kontext der NS-„Euthanasie“ wurde umfassend aufgearbeitet und kann in der Gedenkstätte Wehnen nachgelesen werden.
Sein Nachlass befindet sich im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg. Ihm wurden mehrere Ausstellungen gewidmet, darunter eine vielbeachtete Ausstellung im Jahr 2014 im Oldenburger Landesmuseum.
Mit der Aufnahme dieses Kunstwerks in die Gedenkstätte wird nicht nur an das künstlerische Schaffen von Müller vom Siel erinnert, sondern auch an den Tod von 1 500 Menschen, die während des Nationalsozialismus in Wehnen ermordet wurden.
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