Oldenburg. Mitt einer „Pferdegesellschaft“ eher ungewöhnlicher Art hatte es der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg in einem Berufungsverfahren zu tun:
Die späteren Parteien hatten im Jahr 2020 einen Vertrag geschlossen, mit dem sie bezweckten, ein Hengstfohlen, das der späteren Beklagten gehörte, bestmöglich zu fördern. Denn die Parteien versprachen sich eine große Zukunft des Fohlens als Deckhengst und im Dressursport. Die Beklagte sollte nach dem Vertrag das Pferd in die Gesellschaft einbringen. Die spätere Klägerin, ein Gestüt, sollte die laufenden Kosten des Hengstes tragen. Außerdem stellte das Gestüt der Eigentümerin des Hengstes einen Radlader mit Zubehör zur Verfügung.
Im Oktober 2020 wurde das Hengstfohlen auf das Gestüt gebracht. Im März 2021 teilte der dortige Betriebsleiter der Eigentümerin mit, dass das Tier hochgradig ataktisch sei. Ataxie ist eine Bewegungsstörung, die verschiedene Ursachen haben kann. Obwohl ein Tierarzt die Lage als aussichtslos einschätzte und die Einschläferung befürwortete, holte die Eigentümerin das Fohlen von dem Gestüt ab und ließ es noch von mehreren Tierärzten behandeln. Das Pferd verstarb schließlich im April 2021 nach einer Operation in Belgien.
Hiermit begann der Streit zwischen den Parteien. Das Gestüt wollte seinen Radlader zurück. Die ehemalige Eigentümerin des Hengstes verweigerte die Herausgabe des Radladers mit Verweis auf die ihr entstandenen Tierarztkosten in Höhe von knapp 7.000 Euro. Außerdem sei der Tod des Pferdes auf die Haltungsbedingungen zurückzuführen, weswegen ihr Schadensersatz in beträchtlicher Höhe zustehe.
Das angerufene Landgericht Aurich gab der Klage des Gestüts auf Herausgabe des Radladers in erster Instanz noch statt: Aus dem Gesellschaftsvertrag ergebe sich, dass der Radlader nach dem Tod des Tieres herauszugeben sei. Durch die Mitnahme des Fohlens sei die Vereinbarung zwischen den Parteien zudem aufgehoben worden, sodass die Eigentümerin keine Erstattung der Tierarztkosten verlangen könne. Schließlich bestehe auch kein Schadensersatzanspruch gegen das Gestüt, da ein Fehlverhalten der dortigen Mitarbeiter nicht bewiesen sei.
Hiermit war die Beklagte nicht einverstanden und wandte sich mit der Berufung an das Oberlandesgericht. Dieses zog den Fall von Grund auf anders, nämlich gesellschaftsrechtlich, auf: Die Parteien hätten mit dem Vertrag eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet. Diese sei durch den Tod des Hengstes beendet. Nach der Beendigung einer GbR könnten aber einzelne Ansprüche – wie derjenige auf Herausgabe des Radladers – nicht isoliert eingeklagt werden. Es sei allenfalls die Feststellung möglich, dass einzelne Positionen in die sogenannte Auseinandersetzungsbilanz einzustellen seien, wobei dann letztendlich lediglich die Zahlung des abschließenden Saldos verlangt werden könne.
Das Oberlandesgericht gab daher der Eigentümerin mit ihrer Berufung insoweit recht, dass die (isolierte) Verurteilung zur Herausgabe des Radladers durch das Landgericht nicht rechtens gewesen sei; allerdings sei die Verpflichtung zur Herausgabe des Hofladers in die Auseinandersetzungsbilanz einzustellen. Nicht einzustellen seien hingegen Schadensersatzansprüche der Eigentümerin gegen das Gestüt. Denn ein vom Oberlandesgericht in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten hatte ergeben, dass der Hengst an einer Cervikalen Vertebralen Malformation (CVM) litt, die unabhängig von den Haltungsbedingungen eine Ataxie habe auslösen können. Allerdings müsse sich das Gestüt mit knapp 3.500 Euro an den entstandenen Behandlungskosten beteiligen; denn auch nach der Mitnahme des Pferdes durch die Beklagte habe die GbR weiterhin bestanden. Nach den für diese geltenden gesetzlichen Regelungen seien die Kosten hälftig zu teilen.