Beim Hocken von Getreide, Heinrich Kunst, Bildarchiv Oldenburgische Landschaft.
Oldenburg. Historisches Bildmaterial eignet sich besonders, die Veränderungen des letzten Jahrhunderts eindrücklich zu verdeutlichen. Ein Bereich, an dem sich diese ausgesprochen gut ablesen lassen, ist die Landwirtschaft. Und das gilt vor allem für eine so ländlich geprägte Region wie die Region Weser-Ems. Das Projekt Bildgedächtnis Weser-Ems (BIG WE) hat nun genau dieses Thema und seine Transformationsprozesse neben den Themen Alltag und Gesellschaft anhand historischen Bildmaterials sichtbar gemacht und damit den Bilderschatz der online zugänglichen Sammlung des BIG WE erweitert.
Das BIG WE ist ein gemeinsames Digitalisierungsprojekt der Oldenburgischen Landschaft, des Schlossmuseums Jever und des Museumsdorfes Cloppenburg. Es ist das erste institutionsübergreifende Online-Bildarchiv Niedersachsens und ist bereits im März des Jahres online gegangen. Gefördert wird das Projekt mit Mitteln aus zukunft.niedersachsen, einem Förderprogramm des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur und der VolkswagenStiftung. Nun haben alle Projektpartner historische Bildmedien online gestellt. Mehr als 2000 Fotografien und Bauzeichnungen sind jetzt über das Portal Kulturerbe.Niedersachsen.de zugänglich.
Ziele des Projektes:
Die Ziele des Projektes sind Sicherung, Digitalisierung und Erschließung von historischem Bildmaterial. Außerdem will das Projekt durch die Bilder zur Auseinandersetzung mit den Transformationsprozessen in der Region anregen. Projektkoordinatorin Gesa Soetbeer betont daher die Auswahl des Themas Landwirtschaft: „Besonders gut verdeutlichen lässt sich dies am Beispiel der Getreideernte, die sich von einer rein körperlichen Arbeit mit vielen Erntehelferinnen und -helfern zu einem voll motorisierten und industrialisierten Arbeitsablauf mit Mähdreschern entwickelt hat. Dies wird auch in den Fotografien deutlich: Sie führen uns diese Transformationen, also die Entwicklungen in der Landwirtschaft, in den Bereichen Motorisierung, Mechanisierung und auch Industrialisierung vor Augen.“ Gleichzeitig ist die Landwirtschaft ein Teil des Alltagslebens in einer ländlich geprägten Region, weil viele Menschen selbst Berührungspunkte mit ihr haben, sei es durch eigene Mitarbeit oder nur durch den Blick auf einen Acker. Dies regt zur Erinnerung und zur Auseinandersetzung mit dem Wandel – auch der regionalen Identität – an. Die Oldenburgische Landschaft hatte im März bereits mit 500 Fotografien aus den 1950er bis 1970er Jahren den ersten Aufschlag hierzu getan: Sichtbar gemacht wurden Themen, die typisch für die Region Weser-Ems sind wie etwa die Krabbenfischerei, oder die typisch für die Entwicklungen der Zeit sind, aus der sie stammen, wie die Verkehrsentwicklung, die sich im Bau von Autobahnen und der Zunahme des Individualverkehrs gezeigt hat. Nun knüpft die Oldenburgische Landschaft daran mit weiteren mehr als 100 Fotografien an, die alle vom Heimatfotografen Heinrich Kunst stammen.
Mehr aus den Bildarchiven: Schlossmuseum Jever
Das Bildarchiv des Schlossmuseums Jever gründet auf den vom Altertums- und Heimatverein übernommenen Beständen, die vor allem die Geschichte der Stadt und des umliegenden Jeverlandes vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die frühen 1950er Jahre dokumentieren. In der jüngeren Zeit konnten vom Schlossmuseum die Nachlässe der drei bedeutenden Fotojournalisten Franz Tuhy, Wilfried Zucht und Hugo Rase gesichert und in den vergangenen drei Jahren umfassend digitalisiert werden. Aktuell befinden sich zudem die Fotoabzüge des aufgelösten NWZ-Zentralarchivs Oldenburg sowie weiterer Lokalredaktionen (Wildeshausen, Cloppenburg, Brake, Jever, Varel) im Bestand. Ebenfalls übernommen wurde ein Teil des ehemaligen Bildarchivs der Wilhelmshavener Zeitung und des Jeverschen Wochenblattes, sodass mittlerweile die Entwicklung des nördlichen Oldenburg seit den 1950er Jahren sehr gut dokumentiert werden kann. „Gerade die Pressefotografie eignet sich wie kaum ein anderes fotografisches Genre, Alltag und Gesellschaft einer Region historisch-kritisch aufzuarbeiten und die aus der Erschließung gewonnenen Erkenntnisse für die Wissenschaft, aber auch eine breitere Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, so Dr. Andreas von Seggern, stellvertretender Geschäftsführer des Zweckverbandes Schlossmuseum Jever und Leiter des Bildarchivs. Gegenwärtig leistet das Bildarchiv in Jever darüber hinaus Amtshilfe bei der Digitalisierung und erfasst den bislang noch unbearbeiteten fotografischen Nachlass von Georg von Lindern, der im Stadtarchiv Delmenhorst bewahrt wird und das Oldenburger Land und angrenzende Regionen von den 1920er bis frühen 1960er Jahre dokumentiert.
Bauzeichnungen des Museumsdorfes Cloppenburg
Zu den Archivbeständen des Museumsdorfs Cloppenburg gehört ein umfangreicher Bestand an historischen Bauzeichnungen, die die ländliche Baukultur des westlichen Niedersachsens dokumentieren. Der wissenschaftliche Volontär des Museumsdorfes Cloppenburg Dr. Björn Bertrams erklärt: „Unser Beitrag innerhalb des Projekts besteht darin, diese Bauzeichnungen als digitalen Bildbestand der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Damit eröffnen wir wesentliche Einblicke in die Konstruktionsweise von Bauernhäusern und landwirtschaftlichen Zweckbauten der vergangenen Jahrhunderte, die gewissermaßen den baulichen Rahmen für den damals gelebten Alltag abgeben.“ Regional liegt der Fokus auf dem Gebiet zwischen Weser und Ems, vor allem auf dem Oldenburger Land und dem Osnabrücker Land. Anhand der Bauzeichnungen und ihrer Metadaten lässt sich die regionalspezifische Bautradition nachvollziehen; zum einen die kulturräumliche Verbreitung bestimmter Hausformen, zum andern der historische Wandel ländlicher Bauformen. In der Gesamtschau geht es um die Entwicklung vom Fachwerk zum Massivbau und um die Etablierung des ostfriesischen Gulfhauses neben dem angestammten niederdeutschen Hallenhaus. Die Bauformen des Hallen- und Gulfhauses haben viele Dorfsiedlungen des westlichen Niedersachsens geprägt. Dazu gehören aber auch Zweckbauten wie Ställe, Scheunen, Remisen oder Speicher, die ebenfalls in den Bauzeichnungsbeständen erfasst sind. Ein besonderer Stellenwert kommt außerdem den ehemals landschaftsprägenden Windmühlen zu, die aufgrund ihrer komplexen Konstruktionsweise auch zeichnerisch eine Herausforderung darstellten.
Wer nun neugierig geworden ist, kann unter folgendem Link Einblicke gewinnen: https://kulturerbe.niedersachsen.de/sammlung/slg0287/
Mehr zum Projekt BIG WE: https://www.oldenburgische-landschaft.de/aktivitaet/projekte/bigwe-bildgedaechtnis-weser-ems/