Eine späte Mahd, bei der die Vegetation zudem abschnittsweise stehen bleibt, lässt Straßen- und Wegränder im Landkreis Friesland erblühen. Dies kommt auch der Insektenwelt zugute: Pro Quadratmeter natürlicher Vegetation sind 100 bis über 300 Insekten zu finden. (Foto: Petra Walentowitz, MOBILUM)

Friesland. Seit 2021 wird im Landkreis Friesland ein biodiversitätsförderndes Pflegekonzept umgesetzt, das zur Förderung der Artenvielfalt auf Straßenrändern, Wegen und öffentlichen Grünflächen beiträgt. Das unter dem Titel „Blühendes Friesland“ entwickelte Konzept wird seit 2024 flächendeckend im gesamten Kreisgebiet umgesetzt. Ziel ist es, durch angepasste Pflegemaßnahmen den Erhalt und die Entwicklung naturnaher Lebensräume zu unterstützen und die biologische Vielfalt dauerhaft im öffentlichen Raum zu verankern.

Das Vorhaben wurde unter Federführung des Fachbereichs Umwelt des Landkreises Friesland in Kooperation mit der Mobilen Umweltbildung (MOBILUM), Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der kommunalen Bauhöfe und Straßenmeistereien sowie weiteren Partnern wie dem Regionalen Umweltzentrum Schortens, dem BUND Friesische Wehde und dem NABU Sande entwickelt.

Unter dem Motto „Jeder Quadratmeter zählt“ verfolgt das Pflegekonzept einen praxisorientierten Ansatz: Auf den als biodiversitätsfördernd ausgewiesenen Flächen erfolgt die Pflege abschnittsweise und bewusst zurückhaltend. Diese zurückhaltende Pflege bezieht sich ausschließlich auf Flächen außerhalb jener Bereiche, die zur Wahrung der Verkehrssicherheit weiterhin intensiv bearbeitet werden müssen. Auf den „Blühendes Friesland“-Flächen wird die Vegetation im Idealfall abschnittsweise gemäht. Mindestens zehn Prozent der Fläche bleiben über den Winter ungemäht stehen – so entstehen wichtige Rückzugsorte für Insekten sowie natürliche Futterquellen für Vögel. Da jeder Mahdvorgang die Insektenpopulation verringert, trägt eine angepasste Pflege wesentlich zum Erhalt der Artenvielfalt bei.

Die Wirkung lässt sich auch zahlenmäßig belegen: In den Kommunen Wangerooge, Wangerland, Jever und Schortens beträgt die biodiversitätsfördernde Fläche rund 1.416.100 m². Studien zufolge kommen auf einem Quadratmeter naturnaher Wiesenfläche zwischen 100 und 300 Insekten vor– ein Hinweis auf das ökologische Potenzial solcher Maßnahmen.

Auch überregional stößt das Konzept auf Interesse. Petra Walentowitz von MOBILUM erklärt: „In den letzten Monaten erhielten wir Anfragen von Vereinen und Kommunen aus Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, die um einen Erfahrungsaustausch baten und stellten es auf Einladung in den Kommunen Burhave (Butjadingen) und Thedinghausen persönlich vor.“

Anlässlich des Weltbienentags am 20. Mai verweist Dr. Henrike Wiggering, Fachbereich Umwelt des Landkreises Friesland, auf die ökologische Bedeutung heimischer Blühpflanzen für spezialisierte Wildbienenarten. Einige dieser Arten sind auf den Pollen ganz bestimmter Pflanzen angewiesen. Ein Beispiel ist die Hahnenfuß-Scherenbiene, die ausschließlich auf den Pollen des Hahnenfußes (Butterblume) angewiesen ist.

Zur Sichtbarmachung des ökologischen Werts bestimmter Flächen werden diese mit Wildbienen- oder Grashüpfer-Schildern gekennzeichnet. Letztere weisen auf Lebensräume hin, in denen vorwiegend unscheinbare Pflanzen wie Brennnesseln wachsen. Diese bieten zahlreichen Kleintieren, Schmetterlingsraupen und Insektenarten geeignete Entwicklungsbedingungen.

Der Landkreis Friesland ruft Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen sowie Flächeneigentümerinnen und Flächeneigentümer dazu auf, sich zu beteiligen. Ziel ist es, weitere Flächen naturnah zu gestalten und damit zur Vernetzung von Lebensräumen beizutragen. „Pflanzen- und Tierarten, die hier seit Jahrhunderten heimisch sind, verschwinden zunehmend. Jedes Fleckchen naturnaher Fläche kann als Trittsteinbiotop dienen und zur Vernetzung natürlicher Lebensräume beitragen“, so Petra Walentowitz.

Weitere Aktionen im Rahmen von „Blühendes Friesland“:

•           „1 m² Garten“ – kleine naturnahe Flächen für mehr Artenvielfalt im privaten Raum
•           „Blühendes Gewerbe“ – Unterstützung von Unternehmen bei der biodiversitätsfreundlichen Gestaltung ihrer Grundstücke
•           „Pflanze der Woche“ – wöchentliche Pflanzenporträts auf www.naturkieker.de/pflanzensteckbriefe 

Auch die bundesweite Aktion „Mähfreier Mai“, inspiriert von der britischen Kampagne „No Mow May“, findet Anklang im Landkreis. Sie ermutigt Gartenbesitzerinnen und -besitzer, den Rasen im Mai nicht zu mähen und so einen Beitrag zur Förderung der Insektenvielfalt zu leisten.

Von red