Für ihr Jugendbuchmanuskript „ICH in 100 Teilen“ hat die Jury Ulla Schuh nominiert. (Foto: Franz Heinz)

Oldenburg. „Eine starke eigenständige Handschrift, aber auch die poetische Kraft, Leserinnen und Leser nachhaltig zu berühren“ – so beschreibt Jurymitglied Birgit Müller-Bardorff die drei diesjährigen Nominierten für den Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis. Aus insgesamt 203 eingereichten Büchern und Manuskripten hat sich die fünfköpfige Jury für zwei verlegte Bücher und ein Manuskript entschieden: Nominiert sind Mandy Schlundt mit ihrem Kinderbuch „Rappel im Karton“ (S. Fischer), Ulla Schuh mit ihrem Jugendbuchmanuskript „ICH in 100 Teilen“ sowie Volker Surmann mit seinem Jugendbuch „Leon Hertz und die Sache mit der Traurigkeit“ (Mixtvision).

Mandy Schlundt ist mit ihrem Kinderbuch „Rappel im Karton“ nominiert. (Foto: pr)

Bekannt gegeben wird die Preisträgerin oder der Preisträger während der Verleihung am Montag, 18. November, um 18 Uhr im Alten Rathaus. Unter den 203 Erstlingswerken waren 127 Manuskripte und 76 verlegte Bücher, die von der Jury allesamt gesichtet und bewertet wurden. Die Mitglieder der diesjährigen Jury sind Prof. Dr. Tobias Kurwinkel (Professor für Neuere Deutsche Literatur, insbesondere Literatur und Kinder- und Jugendkulturen, Universität Hamburg), Christine Paxmann (Herausgeberin des Magazins „Eselsohr“ und Autorin), Birgit Müller-Bardorff (Redakteurin der Augsburger Allgemeinen), Markus Lefrançois (Illustrator). Traditionell bildet eine Schülerin oder ein Schüler das fünfte Jurymitglied: In diesem Jahr ist Johanne Goldenstein vom Lothar-Meyer-Gymnasiums in Varel das erste Mal dabei.

Das sind die Jurystimmen zum Auswahlprozess der Nominierten:
Johanne Goldenstein: „Ich war dieses Jahr das erste Mal als Jurorin beim Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis dabei. Die Juryarbeit hat mir sehr viel Spaß gemacht und war zudem sehr spannend. Ich durfte interessante Bücher und Manuskripte lesen, mit den anderen Jurymitgliedern darüber diskutieren und viele neue Erfahrungen machen. Toll fand ich es, dass durch die Jurorinnen und Juroren mit ihren unterschiedlichen Interessen und Schwerpunkten alle Einsendungen eine faire Chance haben und wir alle zusammen die drei Nominierungen gewählt haben.“

Christine Paxmann: „Es ist immer wieder ein kleines Wunder, wie fünf Jurorinnen und Juroren zu einem Ergebnis kommen. Nach wochenlangem Lesen und für sich Entscheiden ist der Tag der finalen Jurysitzung auch Showtime. Jeder hat Favoriten. Und jeder kämpft für sie. Am Ende, nach beherztem Argumentieren, herrscht Einigkeit, die alle zufrieden macht. Auch in diesem Jahr war der Beitrag der Schülerinnenjurorin so wertvoll zur Lösungsfindung. Und bewies, wie gut eine Jury aus verschiedenen Generationen ist.“

Prof. Dr. Tobias Kurwinkel: „Kinder und Jugendliche haben eine besondere Perspektive auf diese sich so schnell verändernde Welt, in der im Augenblick nur wenig Bestand hat, was Gewissheit und Sicherheit verspricht. Diese Perspektive haben die Autorinnen und Autoren, die Künstlerinnen und Künstler in den diesjährigen Einsendungen immer wieder herausgearbeitet: So durften wir Texte lesen, in denen mit sehr eigenen Stimmen Themen wie unter anderem Krieg, Flucht, Tod und immer wieder die Suche nach der individuellen Identität verhandelt wurden. Unsere Nominierungen spiegeln diese Perspektiven und diese Stimmen überzeugend wider.“

Nominiert ist ebenso Volker Surmann mit seinem Jugendbuch „Leon Hertz und die Sache mit der Traurigkeit“. (Foto: Martin Herz)

Markus Lefrançois: „Junge Autorinnen und Autoren zeugen von einem ganz feinfühligen Gespür, wenn sie uns von ihren aktuellen Sorgen und Ängsten und Gefühlen lesen lassen! In diesem Jahr wurde ich zum Teil von Geschichten mit großer Wucht hin- und herumgeworfen, Geschichten mit Themen, die unter den Nägeln brennen, brennend heiß und brennend spannend sind und sich tief ins Gedächtnis und Herz einbrennen. Wir schauen beglückt der Preisverleihung entgegen.“

Birgit Müller-Bardorff: „Adoleszenzthemen, wie die Unsicherheit, was das eigene Ich ausmacht, die Suche nach Orientierung und Halt in schwierigen sozialen oder psychischen Verhältnissen und die Herausforderungen, die Diversität in Herkunft, Geschlecht und sexueller Orientierung mit sich bringen, bildeten oft den Rahmen für vielfältig und originell gestaltete Plots und Erzählweisen. Die drei ausgewählten Texte überzeugen durch eine starke eigenständige Handschrift, aber auch die poetische Kraft, Leserinnen und Leser nachhaltig zu berühren. Dass in diesen Texten trotz ernster Themen auch Humor eine Rolle spielt, hat uns in unserem Votum für die Nominierungen bestärkt.“

Über Mandy Schlundt und ihrem Kinderbuch „Rappel im Karton“
Mandy Schlundt, geboren 1983, hat Kommunikationsdesign studiert und arbeitet als Designerin und Illustratorin. 2006 wurde sie mit dem Preis „Schönste Deutsche Bücher“ der Stiftung Buchkunst ausgezeichnet. Mit „Rappel im Karton“ feiert sie ihr Debüt als Autorin. Im Mittelpunkt des Romans steht Zahra: Sie ist neu in Berlin und mit ihrer Mutter auf Wohnungssuche. Doch die Schlangen bei den Besichtigungsterminen sind endlos, die Mieten unbezahlbar und überhaupt sind Zahra und ihre Mutter für Vermieter nicht gerade die erste Wahl. Da trifft Zahra Nike – und obwohl die beiden Mädchen komplett gegensätzlich sind, ist es wahre Freundschaft auf den ersten Blick. Nike will Zahra unbedingt helfen, und wie durch Zauberei flattert plötzlich eine Zusage für eine Wohnung herein. (Verlagstext)

Über Ulla Schuh und ihr Jugendbuchmanuskript „ICH in 100 Teilen“
Ulla Schuh, geboren 1978 in Nürnberg, studierte Germanistik und Geschichte in Erlangen und Wien. Sie arbeitet als Lehrerin an einem Gymnasium und leitet eine Schreibwerkstatt für Jugendliche, die 2023 eine lobende Anerkennung des Segeberger Preises erhielt. 2022 wurde sie mit dem Sonderpreis des Kinder- und Jugendliteraturpreises des Landes Steiermark ausgezeichnet. „ICH in 100 Teilen“ dreht sich um Rike, die sich seit ihrer Kindheit in ihrer Familie fremd und unverstanden fühlt. Als sie Nico kennenlernt, der sich selbst als trans bezeichnet, lernt sie, ihrer eigenen Stimme zu trauen und findet Worte für ihr Unbehagen. Sie entdeckt, dass sie ein Kuckuckskind ist und macht sich mit Nico auf die Suche nach ihrem Vater. Ihr gemeinsamer Weg ins Ungewisse, ihre intensive Suche nach der eigenen Identität bringt sie nicht nur einander näher, sondern auch ein Stück zu sich selbst.

Über Volker Surmann und sein Jugendbuch „Leon Hertz und die Sache mit der Traurigkeit“
Volker Surmann ist Satiriker, Autor und Verleger des Berliner Sartyr Verlags. Seit 2003 liest er jeden Donnerstag bei der Lesebühne „Brauseboys“ und tritt bei Poetry Slams in ganz Deutschland auf. „Leon Hertz und die Sache mit der Traurigkeit“ ist sein erstes Jugendbuch. Es handelt von Leon Hertz: 13 3/4 Jahre alt und der dritte Leon in seiner Klasse – also ziemlich normal und unauffällig, wie er findet. Doch Rouven hat ihn bemerkt und er hilft Leon sogar bei seinem Referat über Tod und Trauer in Ethik. Dafür ist der stets schwarz gekleidete Junge mit dem Emo-Ruf bestimmt Experte. Leons Thema hat es auch ganz schön in sich: Er möchte über das Unfallkreuz von Lukas sprechen, der ein paar Jahre zuvor auf dem Fahrrad von einem Lkw erfasst wurde. Nicht nur das Referat bereitet Leon schlaflose Nächte, auch seine Stimmungstiefs beschäftigen ihn. Und kann es sein, dass Rouven ihn irgendwie mag? (Verlagstext)

Über den Kinder- und Jugendbuchpreis der Stadt Oldenburg
Seit 1977 vergibt die Stadt Oldenburg einen Preis für herausragende literarische und künstlerische Leistungen auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendliteratur. Der mit 8.000 Euro dotierte Förderpreis will Autorinnen und Autoren beziehungsweise Illustratorinnen und Illustratoren bestärken und ermutigen, ein Erstlingswerk vorzulegen. Zugleich soll innovativen Ideen eine Chance gegeben und ein Anreiz geschaffen werden, die Werke Unbekannter in die Verlagsprogramme aufzunehmen.

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