Reiner Tammen beendet sein Mandat im Wangerland. (Foto: pr)
Wangerland/Jever. Reiner Tammen zieht sich nach fast 34 Jahren aus dem Gemeinderat im Wangerland zurück. Der 70jährige Lokalpolitiker nennt dafür ausschließlich persönliche Gründe: Nach dem Verkauf seines Hauses hat er seinen Lebensmittelpunkt inzwischen nach Jever verlagert. Damit entfällt die formale Voraussetzung für die Wahrnehmung seines Mandats im Gemeinderat im Wangerland. Den Mandatsverzicht hat er jetzt formal auch gegenüber Bürgermeister Mario Szelak erklärt.
Damit geht im Wangerland eine Ära Grüner Politik zu Ende. Als sich im Herbst 1991 niemand anderes fand, der auf der Liste der Grünen im Wangerland kandidieren wollte, wurde Tammen Mitglied bei den Grünen und trat selbst an. Mit über 600 Stimmen wurde er auf Anhieb direkt in den Gemeinderat gewählt. „Völlig unerfahren wurde ich ins kalte Wasser geworfen, habe mich aber schnell orientieren können“, blickt Reiner Tammen zurück. Gleich die erste Zusammenarbeit mit der SPD ging jedoch schief. „Sie haben mich nicht ernst genommen und für dumm verkauft. Nach zwei Jahren habe ich hingeschmissen und kurze Zeit später eine Gruppe mit Reinhard Onnen-Lübben und der FDP gegründet.“ Nach einigen Monaten bildeten Tammen und Onnen-Lübben dann eine gemeinsame Gruppe mit der CDU. Diese Zusammenarbeit wurde auch nach der Kommunalwahl 1996 fortgesetzt. Damals wurde Tammen erstmals zum stellvertretenden Bürgermeister gewählt und behielt dieses Amt 25 Jahre lang. Seit 2001 war Tammen dann Vorsitzender des Gemeindeentwicklungsausschuss und behielt den Vorsitz bis heute.
In die Zeit seines Wirkens fiel die Entwicklung des Wangermeer mit dem gesamten Umfeld: einem großen Wohngebiet, der Brücke über das Meer, den Hausbooten, einem Freizeitteil und dem Naturschutzteil. Um das Gelände entsprechend nachhaltig zu entwickeln, holte Tammen den Nabu, den BUND, die Jäger und andere Akteure mit ins Boot. Von einigen gab es dafür zum Teil heftige Kritik. „Die Kritiker befürchteten, diese Akteure würden sich zu sehr einmischen und wir würden sie nicht mehr los.“ Doch es kam anders. Tammen im Rückblick: „Sie waren begeistert, haben uns unterstützt und nachdem alles fertig war, waren alle zufrieden und wir haben allein weitergemacht.“ So flossen für das Projekt dann auch noch Gelder von der Bingo! Umweltlotterie. Der Angelverein Jever bekam die Angelrechte und hat im Gegenzug Fische ausgesetzt.
2011 wuchs die Grüne Fraktion im Wangerländer Gemeinderat auf drei Sitze an. Auch 2016 erhielten die Grünen wieder drei Mandate. Seit 2021 saß Reiner Tammen dann zusammen mit Angelika Kirschner für die Grünen im Gemeinderat.
Rückblickend resümiert der Kommunikator Reiner Tammen: „Seit 2021 ist es aufgrund der veränderten Mehrheitsverhältnisse deutlich schwerer geworden, im Rat zu vernünftigen Ergebnissen zu kommen.“ Aus seiner Sicht müsste sehr viel mehr miteinander geredet werden, „doch leider findet das kaum mehr statt“. Zwischenzeitlich sind tiefe Gräben zwischen einzelnen Personen, aber auch zwischen den Gruppen entstanden. „Dabei kann ich nur immer wieder betonen, dass das menschliche Miteinander, gerade in der Kommunalpolitik, das wichtigste ist. Ich habe nach kurzer Zeit gemerkt, wie wichtig es ist, miteinander zu reden. Egal mit wem. Wenn man etwas bewegen will kommt man so immer weiter. In aller Ruhe und am besten in privater Atmosphäre. So habe ich, so haben wir Grüne auch beispielsweise mit den Jägern viele Projekte zusammen geplant und umgesetzt.“ So wurden hier mehrere 1.000 Büsche und Bäume gepflanzt und eine Vogelbeobachtungsstation gebaut. „Wir haben viele Stunden miteinander verbracht und uns über vieles ausgetauscht und unterhalten.“ Auch die Feuerwehren, ist die Erfahrung von Reiner Tammen, „sind zu mancher Tat bereit und haben keine Angst vor Arbeit. Oft genügt eine Anfrage oder ein kurzes Gespräch.“ „Lokalpolitik ist immer ganz dicht an den Menschen“, sagt Tammen. „Wenn man vorher miteinander redet und Ratsmitglieder aus anderen Parteien oder Gruppen überzeugt, kann man oft auf Anträge verzichten. Das kommt dann vielleicht nicht in die Öffentlichkeit, aber das ist ja auch nicht Entscheidend. Das Wichtigste ist, dass wir etwas für die Menschen im Wangerland erreichen.“
Die Kreisvorsitzende von Bündnis 90 /Die Grüne, Dr. Jutta Helmerichs fand wertschätzende Worte für den scheidenden grünen Ratsherrn: „Reiner Tammen hat einen klaren grünen Kompass. Er vertritt unsere grünen Werte ohne Wenn und Aber, er hört zu und interessiert sich für die Position des anderen, auch dann, wenn sie seiner nicht entspricht. Und er ist klar in seinen Worten und stets ehrlich und redlich. Wir sind froh, dass er sich im Kreistag weiterhin für die Grünen Themen einsetzt.“ Wangerlands Bürgermeister Mario Szlezak hob seine menschliche Seite hervor: „Reiner Tammen hat sich immer für einen fairen Umgang, für Offenheit und für das Miteinander eingesetzt. Dass ihm der menschliche Zusammenhalt in der Kommunalpolitik besonders am Herzen liegt, spürt man in jedem Gespräch mit ihm – und das bleibt auch über sein Mandat hinaus ein wertvoller Impuls.“
Wer seinen Sitz im Gemeinderat übernehmen wird, steht noch nicht endgültig fest. Ganz zieht sich Reiner Tammen allerdings aus der Politik nicht zurück. Seinen Sitz im Kreistag wird er behalten und er bleibt damit auch weiterhin stellvertretender Landrat in Friesland.